Bevor Frank Rock (CDU) 2017 hauptberuflich in die Politik wechselte und Abgeordneter des nordrhein-westfälischen Landtags wurde, leitete er über zehn Jahre lang eine Grundschule in Hürth. Seit dem 1. November 2020 ist er Landrat des Rhein-Erft-Kreises und als solcher nun in der Position des Schulträgers. Eins seiner Ziele: die schulische Digitalisierung voranbringen. Wie ihn dabei seine Erfahrungen als Schulleiter beeinflussen und wie er dem Mangel an IT-Fachkräften begegnen will, verrät er im Interview mit Einfach.Digital.Lernen. (EDL).
Einfach.Digital.Lernen.: Vor Ihrer Zeit als Landrat sind Sie Schulleiter gewesen. Wie haben Sie die Digitalisierung als solcher erlebt?
Frank Rock: Ich war Schulleiter einer „mittelgroßen“ Grundschule. Ich habe es sehr bedauert, dass der Schulträger mich bei der Digitalisierung nicht immer so unterstützt hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Darum habe ich mich damals, ist schon ein paar Jahre her, selbst auf den Weg gemacht. Ich habe, bis ich den Schuldienst verlassen habe, über den Förderverein alle meine Schulklassen mit interaktiven Whiteboards ausgestattet – ohne einen Cent der Kommunalverwaltung. Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele Kommunen das Thema Bildung und vor allem digitale Bildung nicht so auf der Agenda haben, weil sie sich vor den Mehrkosten schützen wollen. Aber dass das eine Investition in die Köpfe unserer Kinder ist, vergessen manche Kommunalhauptverwaltungsbeamten und auch die Politik vor Ort. Die sehen häufig nur die Kosten, anstatt den Nutzen. Ich habe mich da selbst auf den Weg gemacht, bis der Digitalpakt kam, über den meine Schule, nachdem ich schon weg war, noch das eine oder andere finanzieren konnte. Aber für mich war ganz klar, ich musste vorangehen. Das habe ich auch getan und meine Schule mit kompletter Ausstattung übergeben. Im Nachhinein kann ich sagen: Ich habe die Zeichen der Zeit ein bisschen früher erkannt als andere.
Einfach.Digital.Lernen.: Nun sind Sie Landrat und damit selbst in der Rolle des Schulträgers. Vor Ihrer Wahl haben Sie mit dem WDR über die wichtigsten Themen der kommenden fünf Jahre gesprochen und dabei das Ziel genannt, die Digitalisierung im Bildungsbereich zu beschleunigen. Warum ist dies einer Ihrer Schwerpunkte?
Rock: Ich glaube, dass wir die Chance wahrnehmen müssen, unseren jungen Menschen, egal in welchem Alter, Zukunftsmodule an die Hand zu geben. Das Lernen mit digitalen Medien ist im Grunde nicht mehr wegzudenken und bedarf einer didaktisch-methodischen Vorbereitung inklusive der notwendigen Hardware. Diese neue pädagogische Richtung, die wir gehen müssen, möchte ich in meinem Teilbereich, so gut es geht, ermöglichen.
Einfach.Digital.Lernen.: Wie sind die Schulen, für die der Landkreis als Träger verantwortlich ist, aktuell technisch aufgestellt?
Rock: Als Kreis sind wir für die Berufskollegs und Förderschulen zuständig. Davon haben wir insgesamt zwölf. Die Berufskollegs haben wir schon sehr früh mit Glasfaser ausgestattet, weil man dort natürlich einen noch höheren Anspruch an die Digitalisierung hat als an Förderschulen. Mit dem Geld aus dem Digitalpakt haben wir alle Schulen ausstatten können. Was uns noch ein bisschen fehlt, und ich glaube, vielen anderen Schulträgern geht es da genauso, ist der IT-Support. Wir haben unheimlich viele Geräte in die Schulen bekommen, die nun auch verwaltet und gewartet werden müssen. Den Support bauen wir im Grunde gleichzeitig auf. Als Kreis sind wir uns aber noch nicht ganz einig, ob wir die Dienstleistung intern, also mit eigenen Leuten erbringen können oder sie outsourcen wollen. Ich gehe davon aus, dass wir als Schulträger diese Aufgaben zukünftig outsourcen müssen, weil die Fachleute dafür im wirtschaftlichen Bereich zu finden sind. Der Markt ist so in Bewegung, dass wir als Kommunalverwaltung überhaupt nicht hinterherkommen.
Einfach.Digital.Lernen.: Ihre Überlegung, den Support extern zu vergeben, ist also dem Fachkräftemangel im IT-Bereich geschuldet?
Rock: Es gibt viele Facetten, die da reinspielen, aber als Kommunalverwaltung bekommen wir auch einfach nicht mehr genug Fachleute, weil wir nicht entsprechend zahlen können. Wir sind ja an den Tarifvertrag des öffentlichen Diensts gebunden und junge Informatiker, die auf ihrem Gebiet top sind, können in der freien Wirtschaft einiges mehr verdienen als bei uns. Aus dem Grund trifft uns der Fachkräftemangel wirklich hart. Wir versuchen natürlich, Leute für die Kommunalverwaltung zu motivieren, wir bieten gute Rahmenbedingungen, aber der Fachkräftemangel ist ein Riesenproblem.
Einfach.Digital.Lernen.: Wodurch wird die Entscheidung sonst noch beeinflusst?
Rock: Als Kommunalverwaltung müssen wir uns um die IT in zwei großen Bereichen kümmern. Da ist einmal die IT in der Kommunalverwaltung selbst, denn auch hier müssen wir deutlich digitaler werden. Dafür brauchen wir Fachleute, die die Wartung und Verwaltung übernehmen. Den zweiten großen Bereich bildet die Schul-IT. Die ist sehr dezentral aufgebaut, denn die Schulen sind im Kreisgebiet verteilt. Von Wesseling bis hoch nach Bergheim, hoch nach Elsdorf sind es rund vierzig Kilometer. Das heißt, wir können vor Ort kaum Support leisten. Der läuft hauptsächlich über Online-Verfahren. Im Vergleich sind Unternehmen flexibler und schneller, teils auch besser in der Wartung. Ich persönlich habe als Schulleiter selbst meine Erfahrungen mit einem externen Unternehmen gemacht, an die die Kommune die Verwaltung und den Support der Schul-IT outgesourct hatte und da war die Dienstleistung top, weil die auch mehr Fachkräfte vorhalten konnten. Wenn bei uns vier IT-Fachleute in der Kommunalverwaltung arbeiten würden, hätten sie montagmorgens viel zu viel zu tun und freitagnachmittags in der Regel gar nichts. Auf solche Situationen kann die freie Wirtschaft deutlich besser reagieren, weil die entsprechenden Unternehmen problemlos größere Systeme vorhalten können, ohne dass die Mitarbeitenden zu wenig zu tun hätten. Die kümmern sich beispielsweise um vier Kreisverwaltungen und fünf Stadtverwaltungen und können ihre Fachleute nach Bedarf einsetzen. Wenn wir bei uns tatsächlich vier IT-Fachkräfte in der Kommunalverwaltung beschäftigen würden, wäre das nicht marktentsprechend. Ich glaube daher, dass wir ein Stück anders denken müssen. Das Problem dabei: Der IT-Support ist ein Teilbereich, der noch nicht durchfinanziert ist. Und es kann nicht sein, dass nur die Kommunalverwaltungen, egal ob in den Städten oder Kreisen, das bezahlen. Ich bin der Meinung, das Land muss – ob mit oder ohne Unterstützung vom Bund – da seinen Teil zu beitragen und den Support mehr mitfinanzieren.
Einfach.Digital.Lernen.: Im Zuge des Digitalpakts Schule gibt es doch auch ein Zusatzprogramm für den Bereich des IT-Supports, der Planung und Organisation. Was ist mit diesen Geldern?
Rock: Die reichen überhaupt nicht. Vor allem handelt es sich beim Digitalpakt um Fördermittel für ein, zwei, drei Jahre. Wir werden die Supportkosten aber dauerhaft in der kommunalen Familie haben. Das heißt, wir brauchen einen dauerhaften, verlässlichen Finanzierungsrahmen. Auf Landesebene gibt es ja die Schulpauschale, die uns die Möglichkeit gibt, zu investieren. Neben der reinen Schulpauschale sollte es auch eine Digitalpauschale geben, eine dauerhafte Finanzierung über die Anzahl der Schüler und Schülerinnen eines kommunalen Trägers. Diese Digitalpauschale muss eingeführt werden, um eine dauerhafte Finanzierung zu ermöglichen.