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Mit Erklärvideos zu mehr Lernwirksamkeit: Forschungsprojekt untersucht Wirkung im Unterricht

Unterhaltsam, informativ und geduldig: Spätestens seit Corona setzen Schüler*innen auf YouTube, wenn sie etwas nicht verstanden haben oder ihr Wissen vertiefen wollen. Auch Lehrkräfte binden vermehrt Erklärvideos aus dem Internet in ihren Unterricht ein. Die Lernwirksamkeit solcher Videos und ihre Einsatzmöglichkeiten untersuchen Wissenschaftler*innen im fachübergreifenden Forschungsprojekt FALKE-digital an der Universität Regensburg. Einfach.Digital.Lernen. sprach mit dem Projektkoordinator Mario Frei.

Einfach.Digital.Lernen.: Welche Vorteile kann der Einsatz von Erklärvideos im Lehr-Lern-Prozess bieten?
Mario Frei: Es kommt immer auf den Kontext an, ob und welche Vorteile ein konkretes Erklärvideo im Schulunterricht bietet. Verschiedene Studien bescheinigen dem Einsatz von Erklärvideos eine gewisse Lernwirksamkeit. Im Idealfall spricht ein Erklärvideo die Lernenden über verschiedene Sinneskanäle an. Die Schüler*innen sehen etwas und hören eine Erläuterung dazu. So können sie die Informationen aus dem optischen und dem akustischen Kanal miteinander verknüpfen, was die Lernwirksamkeit erhöht und auch die Motivation steigert. Wenn Erklärvideos gut gemacht sind, ein gutes Design haben und nicht zu lang sind, dann schaut man gerne zu, dann will man was wissen. Insofern sind solche Videos grundsätzlich erst mal motivationssteigernd und unterstützen den Lernprozess.

Ein weiterer entscheidender Vorteil von Erklärvideos ist, dass sie das selbstgesteuerte Lernen unterstützen. Also, ich kann mir selbst überlegen: „Bis hierhin habe ich alles verstanden, jetzt mache ich eine Pause.“ Oder ich merke, meine Konzentration lässt nach, ich mach eine Pause. Oder: „Ich muss irgendetwas nachlesen, ich mach eine Pause und steige wieder ein.“ Das selbstgesteuerte Lernen mithilfe von Videos erproben wir in der Studie „StaTrack“ an unserem Lehrstuhl Educational Data Science mit Studierenden. Hier werden Statistik-Vorlesungen als Video vorab zur Verfügung gestellt, und die gemeinsame Präsenzzeit dient für Nachfragen zum Video. Die Studierenden können also die Zeit mit dem Dozenten oder mit der Dozentin nutzen, um konkrete Fragen zu stellen, und vertiefen quasi den Inhalt so noch mal. Dieses Konzept nennt sich Flipped Learning. Das bedeutet für Lernende natürlich: Sie müssen ihren gewohnten Lernprozess „flippen“, also umdrehen. Im umgekehrten Lehr-Lern-Prozess bereiten Lernende eine Vorlesung also nicht mehr nach, sondern sie bereiten sie vor. Durch das Auslagern der reinen Weitergabe des Wissens und des Handwerkzeugs in ein kurzes Video wird die Lehrveranstaltung quasi vorentlastet. Dagegen nehme ich alles, was kognitiv anspruchsvoller ist, in die gemeinsame Präsenzzeit mit der Lehrkraft vor Ort. Die Vertiefung des Wissens finden also nicht mehr zu Hause in der Nachbereitung statt, sondern gemeinsam in der Lehrveranstaltung.


Mario Frei ist Projektkoordinator der Studie FALKE-digital. Foto: Björn Seitz

Mario Frei ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Educational Data Science der Universität Regensburg und Projektkoordinator der Studie FALKE-digital. Die mittlerweile dritte Teilstudie des Forschungsprogramms FALKE (Fachspezifische Lehrkräftekompetenz im Erklären) wird als Teil des Projektes L-DUR im Rahmen der gemeinsamen “Qualitätsoffensive Lehrerbildung” von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

FALKE-digital richtet den Fokus auf die Produktion und Wirksamkeit von Erklärvideos und dient damit der Förderung und Untersuchung von digitalen Professionalisierungsprozessen. Es sollen Erklärvideos produziert und deren Wirksamkeit auf die Lernleistung von Schüler*innen untersucht werden. Abschließende Ergebnisse der Studie, deren Erhebung im September 2022 begonnenen hat, werden im Herbst dieses Jahres erwartet.


Dieses Konzept des Flipped Learnings versuchen wir auf die Schule zu übertragen. Und in einem solchen Flipped Classroom sind Erklärvideos das prominenteste Mittel. Eine entsprechende Empfehlung gibt die Studie des Rats für kulturelle Bildung aus dem Jahr 2019. Eine weitere Empfehlung aus dieser Studie ist: Das Lernen mit Videos sollte nicht einfach den Schülerinnen und Schülern und YouTube überlassen werden, sondern die Schule sollte einen Anteil an dieser Form des Lernens haben und daran mitwirken. Deshalb wird in dieser Studie auch das Flipped-Classroom-Konzept vorgeschlagen, um einfach Erklärvideos dafür zu nutzen, den Unterricht vorzubereiten.

EDL: Wie müssen Erklärvideos gestaltet sein, um einen positiven Lerneffekt bewirken zu können?
Frei: Es besteht relativ viel Evidenz darüber, dass Interaktivität in Videos zu einer Lernwirksamkeit führt. Das heißt, wenn im Video die Möglichkeit besteht, durch Links auf weiterführende Informationen zu kommen, oder wenn es kurze Fragen oder ein Quiz gibt. Beispielsweise haben wir eine Minute Erklärvideo, dann gibt es eine kurze Frage dazu, um einfach zu überprüfen: Habe ich das Ganze verstanden? Wo müsste ich vielleicht noch mal nachschauen? Die Interaktivität ist es, die Schülerinnen und Schüler dazu anregt, kognitiv tätig zu sein, immer wieder herausgefordert zu werden, auch mitzudenken und sich selbst zu überprüfen.

Reine Erklärvideos ohne zusätzliche Aufgaben fördern quasi eine Lean-back-Mentalität und können zu einer Verstehillusion führen. So denken Nutzerinnen und Nutzer eines solchen Videos vielleicht: Okay, vier Minuten dauert das Video, ich drücke jetzt auf Play, und nach vier Minuten weiß ich was. Es wird ja auch die Lösung mitgeliefert. Es wird also irgendwas erklärt, und am Ende heißt es ja auch bei vielen Videoplattformen: „Jetzt hast du Thema XY verstanden.“ Und dann denkt man sich: „Also, das klang jetzt für mich alles irgendwie logisch. Ich glaube, ich habe es verstanden.“ Ob man es wirklich verstanden hat, ist dann trotzdem immer noch unklar.

Wenn es keine Verbindung zum Unterricht gibt, dann ist das Erklärvideo eine schöne Ergänzung, der Lerneffekt bleibt aber beliebig.

EDL: Worauf sollten Lehrkräfte achten, wenn sie Erklärvideos in ihren Unterricht integrieren möchten?
Frei: Auch hier kommt es wieder auf den Kontext an. Das Entscheidende ist, das Erklärvideo aktiv in den Unterricht einzubinden. Also nicht zu sagen: „Wir machen jetzt hier unseren Unterricht, und ich habe irgendwo mal so ein Video gesehen, und das stelle ich noch zur Verfügung.“ Wenn es keine Verbindung zum Unterricht gibt, dann ist das Erklärvideo eine schöne Ergänzung, der Lerneffekt bleibt aber beliebig.

Zweitens ist es für Lehrkräfte ganz wichtig, sich zu überlegen, welche Funktion dieses Video übernehmen soll. Ist es eine Einführung ins Thema? Oder soll es eine zusätzliche Perspektive von etwas aufzeigen, was schon mal im Unterricht behandelt wurde? Dann könnte die Lehrkraft zum Beispiel sagen: „Wir schauen uns jetzt gemeinsam ein Video an, danach sprechen wir darüber. Was ist vielleicht in dem Video nicht ganz so gut gelöst? Was hat euch gefallen? Was habt ihr mitgenommen?“

Wenn ich ein Video zur Vorbereitung einsetze, muss ich sicher sein, dass es niedrigschwellig genug ist. Wenn ich es zur Nachbereitung einsetze, muss ich im Vorfeld darauf achten, dass die Dinge bekannt sind, die im Video noch mal aufgegriffen werden. Auch wenn sich Lernende wie beim Flipped-Classroom-Konzept mit einem Erklärvideo selbstständig auf die Unterrichtsstunde vorbereiten sollen, muss ich im Unterricht auf das Video eingehen und beispielsweise auch auf die Fachbegriffe, die im Video verwendet werden.

Der dritte Punkt, auf den es ankommt, ist die kognitive Aktivierung: Also, gibt es in dem Video oder danach die Möglichkeit, kurze Fragen zu stellen? Das Flipped-Classroom-Konzept sieht eine Interaktivität entweder im Video vor, oder es gibt im Anschluss an ein kurzes Erklärvideo Aufgaben, die noch mal die wichtigsten Inhalte highlighten und abprüfen.

Das ist der Kontext, in dem Erklärvideos eine ganz besondere Rolle im Lehr-Lern-Prozess einnehmen können, weil mit ihrem Einsatz das Wissen multisensorisch aufbereitet werden kann und sie mehr Kanäle ansprechen.

Der Flipped Classroom hat natürlich viele Konsequenzen für Lernende und Lehrkräfte. Und es gibt schon erste Hinweise darauf, dass es Lernstrategien braucht, um mit einem Video wirklich gut lernen zu können. Die Aufgabe der Lehrkraft ist dabei immer noch die bedeutendste, nämlich das richtige Video auszuwählen und in den Kontext des eigenen Unterrichts zu setzen. Wichtig ist auch, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die Qualität von Erklärvideos zu erkennen. Viele Lehrkräfte produzieren auch bereits selbst sehr gute Erklärvideos. Diese Aufgabe erfordert einen enormen Zeitaufwand; sie insgesamt einfach nur an die Lehrkräfte abzugeben, das erscheint mir zu viel. Deswegen ist unser Ansatz der FALKE-digital Studie eine Coproduktion aus Wissenschaft und Schule: Wir haben die Erklärvideos in Abstimmung mit Lehrkräften konzipiert und stellen sie zur Verfügung. Und in Rücksprache mit den Lehrkräften, die mit ihren Klassen an der Studie teilnehmen, wollen wir neben der Lernwirksamkeit auch untersuchen, was gut funktioniert und was schlecht funktioniert.


Videodateien gezielt und unkompliziert verteilen

Erklärvideos teilen und im Unterricht spontan auf sie zugreifen können – mit der MNSpro Cloud von AixConcept, dem Schul-IT-Dienstleister aus Stolberg bei Aachen, kein Problem. Nicht nur bietet die Lernplattform Lehrer*innen ausreichend Speicherplatz, um selbst größere Videodateien langfristig zentral abzulegen, sondern auch die Möglichkeit, spezifische Zugriffsrechte zu definieren. Über Arbeitsgruppen innerhalb der Cloud etwa für Fachschaften und Klassen lassen sich Erklärvideos somit zielgerichtet weiterreichen. Auf diese Weise können Lehrkräfte festlegen, ob beispielsweise Schüler*innen Zugang zu gespeicherten Materialien erhalten oder nur Kolleg*innen. Der Austausch im Kollegium oder mit Lerngruppen war noch nie so einfach!

Die MNSpro Cloud wurde speziell für Schulen entwickelt und bündelt Microsofts Office 365-Anwendungen sowie verschiedene weitere Funktionen wie Dokumentenablage, E-Mail-Postfach und Kurssystem. Sie ist stetig durch Module und Apps erweiterbar und sorgt gemeinsam mit dem integrierten MDM dafür, Software, Daten und Endgeräte jeder Art bestmöglich, ohne IT-Vorkenntnisse und unter Berücksichtigung der DSGVO miteinander zu verzahnen – damit jederzeit und von jedem Ort aus guter digitalgestützter Unterricht stattfinden kann.

Erfahren Sie mehr über die Vorteiler der „Cloud, die alles kann“, das Mobile Gerätemanagement und den herausragenden Support in einem der kostenlosen Webinare oder im persönlichen Gespräch! Alternativ können Sie uns gerne eine E-Mail schreiben an vertrieb@aixconcept.de.


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