Foto: Tina Umlauf/AixConcept.

„Es ist ein großes Paket, was da zu schnüren ist!“ Maike Finnern im AixConcept-Gespräch

Auch wenn sie es gern anders gehabt hätte: Viel Positives über die Stimmung an den Schulen hatte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am AixConcept-Stand auf der diesjährigen Didacta nicht zu berichten. Im Gegenteil: 90 Prozent der Lehrkräfte fühlten sich zwei Jahre nach Beginn der Pandemie belastet, sagte Maike Finnern und zitierte damit das Deutsche Schulbarometer, eine im Juni erschienene Studie der Robert-Bosch-Stiftung. Es sei ein großes Paket zu schnüren, um die Ursachen dafür zu beheben, so Finnern im Interview mit News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.  

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Neben der von der OECD attestierten Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem und einer durch das Kooperationsverbot verstärkten ungerechten Verteilung der Investitionen in digitale Bildung, bleibt der Fachkräftemangel aus Sicht der GEW eine Großbaustelle: „In vielen Schulen ist die Lage desaströs. Das kann man gar nicht anders sagen“, so Finnern im Interview. Es mangele an IT-Fachkräften für Administration und Support, an Fachkräften im pädagogischen Bereich und es sei absehbar, dass sich auch im Bereich der Sozialarbeit in Kita und Ganztag Lücken auftun werden.  

„Wir müssen deutschlandweit zusammen überlegen…“

Die Bezahlung sei eine wichtige Frage, die es zu klären gelte, so die GEW-Vorsitzende. Aber auch gegen die enorm hohe Studienabbrecherquote von bis zu 50 Prozent bei den Lehramtsstudierenden müsse etwas unternommen werden. Es sei im beruflichen Leben ganz normal, an Hürden zu stoßen. Die Universitäten müssten aber Beratungsstrukturen aufbauen und Studierenden über solche Hürden hinweghelfen, die zum Studienabbruch führten. Auch im Bereich der Lehrkräftefortbildung möchte Finnern die Universitäten und deren Know-how deutlich mehr einbinden. Gerade im Bereich der Digitalisierung sei es nicht damit getan, eine gute technische Ausstattung zu haben, sondern diese auch gut für den Unterricht nutzen zu können. Finnern betonte, dass hier alle Bundesländer dazu aufgerufen seien, gemeinsam zu überlegen, welche Fortbildungen benötigt werden, welche Konzepte gemeinsam angeboten werden könnten und welche bereits vorhanden sind.  

Lehrkräfte brauchen dringend Entlastung!

Darüber hinaus brauche es mehr Studienplätze sowie höhere Ausbildungskapazitäten in den Vorbereitungsdiensten. Auch für Lehrkräfte ohne Lehramtsstudium: „Ich bin der festen Überzeugung, ganz pragmatisch, dass wir nicht ohne Seiten- und Quereinstieg auskommen werden“, so Finnern. Allerdings gebe es zum einen bislang bis auf die pädagogische Einführung keine adäquate, bundesweite Qualifizierung. Zum anderen hätten Quereinsteigende ohne ein selbst zu finanzierendes Zusatzstudium keinerlei Entwicklungsperspektiven. Hier müsse eine Lösung für eine „vernünftige Qualifizierung“ gefunden werden.  

Denn ohne zusätzliche Fachkräfte wird die von der GEW eingeforderte Entlastung für Lehrkräfte  – beispielsweise durch kleinere Klassen oder das Auslagern administrativer Aufgaben an nicht-pädagogisches Personal – nicht möglich sein. „Die Entlastung ist sicherlich ein wichtiger Punkt, damit Lehrerinnen und Lehrer auch wieder sagen können: Ja, das ist der Beruf, der mir Spaß macht“, so Finnern. Dass dazu eine IT-Infrastruktur gehört, die Lehrkräften keine Zusatzbürden durch Administrationsaufgaben auferlegt, sollte dabei selbstverständlich sein.