Eine Studie im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beschreibt große Probleme bei der Umsetzung des Digitalpakts Schule. Für einen pädagogisch sinnvollen digitalen Schulentwicklungsprozess bedürfe es ausreichender zeitlicher, finanzieller und fachlicher Ressourcen, unterstrich Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze bei der Vorstellung der Untersuchung. „Genau da hakt es aber“, sagte sie und betonte: „Der Fachkräftemangel in den Bereichen Pädagogik, IT und Verwaltung ist das größte Problem des schulischen Digitalisierungsprozesses.“ Lehrkräfte bräuchten professionelle Support- und Wartungsstrukturen. AixConcept-Geschäftsführer Thomas Jordans fordert, Mittel aus dem Digitalpakt vorzusehen, damit Kommunen Kapazitäten extern einkaufen können.
Grundlage der Studie des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim sowie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) sind Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Hintergrundgespräche, die mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren aus der schulischen Praxis und mit kommunalen Schulträgern geführt wurden. „Ein weitgehender Konsens der befragten Expert:innen aus der schulischen Praxis war dahin festzustellen, dass die u. U. massiv vorangetriebene (Weiter-)Entwicklung von digitalen Infrastrukturen an Schulen einen kontinuierlichen Auf- und Ausbau professioneller sowie verlässlicher Betriebs-, Wartungs- und Supportstrukturen bedarf, insbesondere mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Investitionsmaßnahmen“, so heißt es in dem Papier. Daran hapere es aber oftmals in der Praxis. Das Vorgehen unterscheide sich von Kommune zu Kommune allerdings deutlich.
Wenn die Mittel aus dem Digitalpakt 2.0 verteilt werden, müssen diese insbesondere an die bisher benachteiligten Schulen fließen.
GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze
„Herausgearbeitet werden konnte, dass die Ausgestaltung von Betrieb, Wartung und Support, wenngleich die Zuständigkeit aufgrund etwaiger formalrechtlicher Bestimmungen in erster Linie (..) eindeutig bei den kommunalen Schulträgern liegt, momentan meist im Zusammenspiel zwischen Einzelschulen, kommunalen Schulträgern und externen Kooperationspartner:innen aus der IT-Branche erfolgt“, so schreiben die Autorinnen und Autoren.
„Für gewöhnlich gibt es entsprechende Strukturen schon länger. Das Spektrum an Möglichkeiten ist erneut recht breit. An den Schulen selbst gibt es oftmals Einzelpersonen oder kleinere Arbeitsgruppen, die sich neben ihrer eigentlichen Beschäftigung auch der technischen Administration der digitalen Infrastrukturen vor Ort widmen, mehrheitlich aber keine formale Qualifikation für eine solche Tätigkeit besitzen. Kommunale Schulträger pflegen insgesamt ebenfalls einen äußerst heterogenen Umgang mit dieser Angelegenheit, halten sie doch Betriebs-, Wartungs- und Supportstrukturen verschiedenster Ausprägung und Qualität bereit. Ihren Auftrag zur technischen IT-Administration von Schulen erfüllen die kommunalen Schulträger nicht selten aber auch durch Beauftragung von privaten oder kommunalen IT-Unternehmen.“
Gefahr für die Chancengleichheit
Häufig müssten die Lehrkräfte an den Schulen aber selbst einen Teil der Supportaufgaben übernehmen. Zitate der befragten Expertinnen und Experten:
- „In Kommunen, wo weniger Geld da ist oder wo das Thema nicht so hohe Priorität hat, wo es vielleicht auch keine klare Zuständigkeit beim Schulträger für das Thema gibt, da muss das halt entsprechend an der Schule kompensiert werden – durch Eigeninitiative.“
- „Wir haben eigentlich nur irgendeinen Kollegen, der sich darum kümmert.“
- „Wenn es niemanden gibt, der das aus Eigenleistung bringen kann, dann liegt das Thema brach. Und dieses Brachliegen, das haben wir vor allem im Grundschulbereich […]. Häufig finden wir dort keine Systembetreuer, sodass die Schulleitungen das quasi so nebenbei mitmachen. Aber nicht aus Leidenschaft, sondern aus der Not. Dabei haben sie 1000 andere Aufgaben – und deswegen geht dann da nichts vorwärts.“
- „Es ist natürlich ein Problem, wenn man jetzt im Zuge dieser ganzen Beschaffungsmaßnahmen plötzlich 200 Tablets an der Schule hat und Smartboards und weiß ich nicht was, das muss ja irgendwer auch warten.“
- „Also die Schulträger wissen, dass das ihre Aufgabe ist, aber das können gar nicht alle Schulträger leisten und einige möchten es auch gar nicht unbedingt leisten und das würde ja bedeuten, man fällt dann wieder zurück in die Muster, die vorher da waren, dass es einige gibt, die das hervorragend machen und einige gibt, die es gar nicht machen […].“
- „Ich glaube nicht, dass das für jede Schule im gesamten Landkreis funktionieren kann […]. Die Arbeitsleistung und Manpower ist total schlecht verteilt. Das sind zwei Leute, die, was Betrieb, Wartung, Support angeht, für den gesamten Landkreis zuständig sind und das kann einfach nicht funktionieren bei den ganzen Geräten.“
„Die aktuelle Umsetzungspraxis des Digitalpakts gefährdet die Chancengleichheit in den Schulen und erinnert an einen Flickenteppich. Die Bildung der Kinder darf weder von der Finanzlage einzelner Kommunen noch von einer zufälligen Digitalisierungsaffinität einzelner Lehrkräfte abhängig sein“, unterstrich Anja Bensinger-Stolze. „Wenn die Mittel aus dem Digitalpakt 2.0 verteilt werden, müssen diese insbesondere an die bisher benachteiligten Schulen fließen. Ungleiches muss ungleich behandelt werden. Die Länder müssen für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen.“
Wenn wir wollen, dass Schulen in Zukunft digital arbeiten, muss ich auch zu jeder Zeit sicherstellen, dass die Technik funktioniert.“
Thomas Jordans, Geschäftsführer von AixConcept
Kommunen sollten Mittel aus dem Digitalpakt nutzen können, um extern Kapazitäten einzukaufen – für Planung, Wartung und IT-Support. „Das ist das einzig Richtige“, bewertet Thomas Jordans diesen Vorschlag. Nur mit der Unterstützung von Fremdfirmen erhielten Kommunen die Servicegarantie, die dazu führe, dass Schulen ihre IT auch wirklich sinnvoll nutzen können, so der Geschäftsführer von AixConcept, dem IT-Partner für Schulen.
„Wir bieten Schulträgern einen Mix aus verschiedenen Elementen: Unser Software-Lösungsportfolio können wir mit diversen Dienstleistungen kombinieren, angefangen von der Beratung über die Installation bis hin zum zeitnahen Support“, erklärt Jordans. Vor allem der letzte Punkt sei entscheidend: „Wenn wir wollen, dass Schulen in Zukunft digital arbeiten, muss ich auch zu jeder Zeit sicherstellen, dass die Technik funktioniert.“ Andernfalls sei die Gefahr groß, dass Technikprobleme auf Dauer zu Frust bei den Lehrkräften führen und diese sich der digitalen Bildung verschließen.