Kommunikation und Kooperation sind zwei entscheidende Faktoren für eine gelingende schulische Digitalisierung: Sie ermöglichen Erfahrungsaustausch, Wissenserwerb und Problemlösung. Damit Kooperationsprozesse rund um digitale Bildung im Schulalltag allerdings auch stattfinden, sind nicht nur Schulleitungen von besonderer Bedeutung, sondern auch schulische Medienbeauftragte. Darauf verweist eine Interviewstudie im Zuge des Projekts „Ganztag-digital: Digitale Medien und Medienbildung in der sozialen Welt der Ganztagsschule“.
Die Schulforschung unterscheidet drei Formen der Kooperation:
- den Austausch, im Zuge dessen Lehrpersonen einander wichtige berufliche Informationen weitergeben und sich gegenseitig mit Material versorgen,
- die Synchronisation, auch arbeitsteilige Kooperation genannt, die die Arbeitsaufteilung zwischen Lehrkräften beschreibt, und
- die Ko-Konstruktion, bei der Lehrer*innen gemeinsam Ideen, Materialien und Konzepte entwickeln sowie Aufgaben und Probleme lösen.
Stehen im Mittelpunkt dieser Kooperationsprozesse die schulische Medienintegration und Medienbildung, sind schulische Medienbeauftragte nicht nur beteiligt, sondern häufig Initiator*innen und „Motor“ dieser Vorgänge. Zu dieser Schlussfolgerung kommen Kai-Uwe Hugger, Professor für Medienpädagogik und Mediendidaktik an der Universität zu Köln, und sein Forschungsteam auf Basis einer qualitativen Interviewstudie. Für diese führten die Wissenschaftler*innen im Frühjahr 2020 insgesamt 21 leitfadengestützte Interviews mit Personen von neun weiterführenden Schulen verschiedener Schulformen mit Ganztagselementen: darunter zwölf Mitglieder der (erweiterten) Schulleitung sowie neun Medienbeauftragte beziehungsweise Lehrpersonen mit einer ähnlichen Funktion.
Zentrale Rolle in Kooperationsprozessen
In den Interviews finden sich laut Forschungsbericht zahlreiche Hinweise auf die zentrale Rolle der Medienbeauftragten. Mit Blick auf den Austausch von Informationen, Wissen und Erfahrungen rund um digitalgestützten Unterricht zeigt sich je nach Einzelschule auf Basis des Materials, dass Medienbeauftragte nicht nur den First-Level-Support übernehmen, sondern auch schulinterne Fortbildungen für die Lehrpersonen durchführen, ihren Lehrkolleg*innen Hospitationen im eigenen Unterricht ermöglichen, schriftliche Informationen zur Unterstützung des Medieneinsatzes verfassen wie Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Fehlerbehebung und darüber hinaus spontan als Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.
Des Weiteren weisen die Interviews mit den Medienbeauftragten darauf hin, dass sie auch die arbeitsteilige Kooperation fördern. Um etwa den Medienkompetenzrahmen umzusetzen, organisieren sie beispielsweise digitalisierungsbezogene Arbeitskreise. Diese kümmern sich unter anderem um Wartung sowie Ausbau der technischen Ausstattung und mobilisieren das Kollegium, sich mit Fragen der Medienkompetenzförderung im Unterricht auseinanderzusetzen – fach- und jahrgangsbezogen sowie jahrgangsübergreifend. Diesen Prozess beschreibt ein befragter Medienbeauftragter wie folgt: „Dann haben wir eine Matrix entwickelt, wo dann nach Jahrgangsstufen und Fächern das detailliert aufgelistet ist. Die haben wir an die Fachschaften geschickt. Die haben das dann ausgefüllt. Wir in Mathe machen in der Sieben mit Excel Prozentrechnung oder Prozentdiagramme oder so was in der Richtung. Und dann haben wir ein großes Raster entwickelt.“
Die Kooperationsform der „Ko-Konstruktion“ findet laut Studienbericht zwar eher selten statt, dann aber vor allem in Arbeitskreisen, in denen wiederum die Medienbeauftragten agieren. In diesen arbeiten die Mitglieder etwa gemeinsam am schulischen Medienkonzept, entwickeln Ideen, digitale Tools im Unterricht einzusetzen, oder erarbeiten vollständige digitalgestützte Unterrichtseinheiten.
Wir können nicht hingehen und sagen, das machen wir alles irgendwie am Sonntagnachmittag mal nebenher und obendrauf fertig, sondern dafür müssen auch in der Schule Ressourcen dastehen.
Befragter Schulleiter
Neben den Medienbeauftragten befinden sich dem Forschungsbericht zufolge – nicht überraschend – vor allem Schulleitungen in der Position, digitale Schulentwicklungsprozesse direkt zu beeinflussen. Eine unterstützende Rolle können sie demnach einnehmen, „indem sie aktiv eine Vision einer digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung verfolgen“ und im Zuge dessen entsprechende Ressourcen bereitstellen, die die beschriebenen Kooperationsprozesse ermöglichen. „Wir können nicht hingehen und sagen, das machen wir alles irgendwie am Sonntagnachmittag mal nebenher und obendrauf fertig, sondern dafür müssen auch in der Schule Ressourcen dastehen. Das heißt also, Kollegen müssen mal von mir aus auch einen ganzen Vormittag oder den ganzen Tag ausgeplant werden, dass sie sich mit anderen Kollegen treffen können, dass sie in aller Ruhe die Dinge erstellen können […]. Und das ist Aufgabe von Schulleitung, so was zu organisieren“, beschreibt dies einer der befragten Schulleiter. Ein anderer hat in diesem Zusammenhang die Erfahrung gemacht, dass „man auch als Schulleiter ein gewisses Vorbild sein“ muss. „Zum Beispiel nehme ich regelmäßig an den Arbeitskreissitzungen Digitalisierung teil. […] Ich mache es immer zum Thema, als festen Tagesordnungspunkt, auf jeder Lehrerkonferenz. […] Und ich setze selber digitale Medien ein. […] Damit die Kollegen natürlich auch sehen, der gibt da auch ein Beispiel für und dem ist das wichtig.“
Eine in diesem Sonne verstärkte schulorganisatorische Unterstützung könne den Wissenschaftler*innen zufolge auch die Lösung für ein typisches Problem schulischer Digitalisierung sein, von denen auch die Medienbeauftragten berichteten: dass teilweise mangelnde Interesse der Kolleg*innen, digitale Medien in den Unterricht zu integrieren.
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